Geheimhaltung und Macht

Es ist eine der wesentlichen Eigenschaften von Macht, dass sie auf Geheimhaltung beharrt. Oder besser gesagt: diejenigen, die Macht über andere ausüben, behaupten regelmäßig, dass die Details über ihre Handlungen sowie den Gründen für diese viel zu empfindlich seien, um der Öffentlichkeit preiszugeben. Die Entscheidungen, die sie treffen; die Diskussionen, die sie vornehmen; die Informationen, die sie berücksichtigen; die Lobbyisten, von denen sie beeinflusst wurden: all dies muss hinter geschlossenen Türen bleiben. Schreckliche (aber nicht näher spezifizierte) Katastrophen würden folgen, wenn ihre streng bewachten Geheimnisse enthüllt würden. Obwohl diese Ansicht eigennützig erscheint, enthält sie eine wichtige Wahrheit. Ein definierendes Merkmal von nahezu allen Macht tragenden Einrichtungen: Regierungen, öffentliche Agenturen, Gerichten und Unternehmen ist es, dass sie diejenigen, denen sie augenscheinlich dienen, als Feind betrachten. Wenn die Öffentlichkeit herausfindet, dass sie als Feind betrachtet wird, könnten die Interessen der Machthaber tatsächlich gefährdet sein. Diese würden es als existenzielle Bedrohung betrachten, wenn ihre Geheimnisse von der Öffentlichkeit enthüllt werden, und reagieren daher mit Zorn. So lässt sich die außergewöhnliche Rachsucht des amerikanischen Staates gegen Whistleblower wie Edward Snowden, Chelsea Manning und Julian Assange beobachten.

Auf der Ebene der nationalen Sicherheit ist die Geheimniskrämerei am deutlichsten und vor allem pathologisch. Zudem ist die Trennung von Geheimhaltung und Privatsphäre hier am eindeutigsten.

Privatsphäre ist etwas, das Individuen zusteht. Es ist das Recht, seinem Geschäft nachzugehen, ohne dabei vom Staat oder von Unternehmenseinheiten ausspioniert zu werden. Regierungen und Unternehmen hassen das Konzept der Privatsphäre und tun alles in ihrer Macht Stehende, um jedem überall das Recht auf Privatsphäre zu verweigern. Sie saugen Informationen jeder beliebigen Art auf und verhandeln sie wie Rohstoffe.

Geheimhaltung hingegen ist eine Waffe, die vom Staat und anderen Machthabern gegen die Öffentlichkeit, der sie vermeintlich dienen, genutzt wird. Während alles, was jedes Mitglied der Öffentlichkeit tut, der Überwachung der Machthabern unterliegt, muss alles Wichtige, das die Machthaber tun, ein Geheimnis bleiben.

Dieselben Einstellungen sind immer dort vorherrschend, wo Macht ausgeübt wird. Weitreichende internationale Vereinbarungen, wie z.B. das Freihandelsabkommen, werden immer heimlich verhandelt. Pestizide und andere Chemikalien werden regelmäßig auf der Basis von "Beweismaterial" genehmigt, das nicht preisgegeben werden kann, da es ein Geschäftsgeheimnis sei. Bei den seltenen Anlässen, in denen Unternehmen erfolgreich von denen, denen sie Schaden zufügten, verklagt werden, wird die eigentliche Begleichung durch einer vom Gericht verhängten Geheimhaltungsklausel verheimlicht, um zu vermeiden, dass andere von der Rechtsprechung profitieren. Internationale Finanzvereinbarungen wurden sorgfältig danach gerichtet, Wohlhabenden zu ermöglichen, ihr Vermögen zu verlagern und zu verstecken, um die Steuerzahlung zu vermeiden. Die Gerichtsverfahren von denen, die für Verbrechen gegen den Staat angeklagt werden, werden unter Ausschluss geführt. Gelegentlich werden die in Gewahrsam genommenen in geheimen Gefängnissen festgehalten, ohne, dass ihnen ein Gerichtsverfahren gestattet war.

Eines der Paradoxe der Geheimniskrämerei ist, dass sie zwar der nationalen Sicherheit gelten soll, aber sehr oft schlicht ergreifend nicht funktioniert. Sicherheitsbehörden mit ihren tausend Angestellten und deren Billionen abgefangenen Nachrichten und von Geheimnissen gefüllte Lagerhäusern scheitern häufig daran, Ereignisse vorherzusehen, die Journalisten und reguläre Beobachter vor Ort sehen, analysieren und verstehen, ohne Zugang zu irgendwelchen geheimen Informationen zu haben.

Aber dann wäre es naiv zu denken, dass die Ziele, die die Machthaber angeben, zu verfolgen, ihre wirklichen Ziele sind. Kriege sind profitabel. Handelsvereinbarungen sind profitabel. Giftige Chemikalien sind profitabel. Es ist unerlässlich, die wirklichen Feinde - die Menschen - davon abzuhalten, einzuschreiten. Und daher ist auch die Geheimhaltung unerlässlich.

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